BFH zur Umsatzsteuer bei Essensverkäufen

Oft nur noch 7% auf Pommes und Co.

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Veröffentlicht in:

Sport im Betrieb, Zeitschrift des Westdeutschen Betriebssportverbandes, Ausgabe Oktober 2011, Seite 29


Grundsätzlich findet auch auf Vereine, egal ob steuerrechtlich förderungswürdig oder nicht, ob in das Vereinsregister eingetragen oder nicht, das Umsatzsteuergesetz (UStG) Anwendung. Demnach müssen Vereine auf sogenannte "steuerbaren Leistungen" bei ihrem Vertragspartner Umsatzsteuer erheben und auch an die Finanzverwaltung abführen.

Steuerbare Leistungen sind gegeben, wenn der Verein Lieferungen und sonstige Leistungen als Unternehmer gegen Entgelt ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Das ist zum Beispiel beim beliebten Verkauf von Würstchen, Pommes-Frites, belegten Brötchen oder Kuchen der Fall. Der Verkauf von Speisen und Getränken gehört immer zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Anwendungserlass zur Abgabenordnung - AEAO - Nr. 6 zu § 67a) und damit zum unternehmerischen Bereich des Vereins..

Vom Finanzamt beim Verein tatsächlich abgefordert wird die von diesem vereinnahmte Umsatzsteuer jedoch nur, wenn der Umsatz des Vereins im unternehmerischen Bereich zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500,00 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000,00 € voraussichtlich nicht übersteigen wird (§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG - sogenannte Kleinunternehmerreglung).

Übersteigen die Umsätze des Vereins diese Grenzen, ist die vereinnahmte Umsatzsteuer auch abzuführen. Außerdem wird die Umsatzsteuer vom Finanzamt auch bei einem Umsatz unterhalb der vorgenannten Grenzen erhoben, wenn der Verein auf die Anwendung der Kleinunternehmerreglung verzichtet hat (§ 19 Abs. 2 UStG).

Demnach ist bei allen Vereinen, die die Umsatzsteuer abführen müssen die Frage sehr interessant, ob sie von verkauften Speisen und Getränken nunmehr Umsatzsteuer in Höhe von 19% aus dem jeweiligen Verkaufserlös oder aber nur von 7% abgeben müssen.

Ein Beispiel verdeutlicht den Unterschied: Der Verein verkauft Bratwürste zum Preis von 2,50 € das Stück. Beträgt die abzuführende Umsatzsteuer 19%, so müsste der Verein (2,50 € / 119 * 19 =) 0,40 € an das Finanzamt abführen. Bei einer Umsatzsteuer von 7% wären es nur (2,50 € / 107 * 7 =) 0,16 €. Das sind pro Bratwurst (0,40 € - 0,16 € =) 0,24 € mehr in der Vereinskasse.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hier, nachdem er vom Europäischen Gerichtshof (Urt. v. 10.03.2011, Az. C-497/09, C-499/09, C-502/09) korrigiert worden ist, zeitgleich zwei Urteile zu diesem Thema veröffentlicht (Urt. v. 30.06.2011, Az. V R 35/08 und V R 18/10) und zu der bisher häufig streitigen umsatzsteuerlichen Abgrenzung von Essenslieferungen (Steuersatz 7%) und Restaurationsleistungen (Steuersatz 19%) Stellung genommen.

Danach liegt eine dem ermäßigten Steuersatz von 7% unterliegende Essenslieferung vor, wenn nur einfach zubereitete Speisen (wie z.B. Bratwürste oder Pommes Frites oder ähnlich standardisiert zubereitete Speisen) abgegeben werden und dem Kunden lediglich behelfsmäßige Verzehrvorrichtungen (wie z.B. Theken oder Ablagebretter bei Imbissständen) zur Verfügung zur Einnahme der Speisen stehen und die Speisen nur im Stehen eingenommen werden können (V R 35/08).

Zu einem dem Regelsteuersatz von 19% unterliegenden Restaurationsumsatz führt die Abgabe von Standardspeisen dagegen, sobald der leistende Unternehmer seinen Kunden zusätzliches Mobiliar wie Tisch(e) mit Sitzgelegenheiten zur Verfügung stellt. Im Unterschied zur früheren Rechtsprechung sind dabei jedoch Verzehrvorrichtungen Dritter - wie z.B. Tische und Bänke eines Standnachbarn - nicht zu berücksichtigen, auch wenn diese im Interesse des leistenden Unternehmers zur Verfügung gestellt wurden (V R 18/10).

Da es also auf mögliche zusätzliche Leistungen an die Kunden ankommt, sollten Sie bei Ihren Festen etc. dokumentieren (z. B. durch ausreichend viele Fotos), wenn Sie tatsächlich nur "behelfsmäßige Verzehrvorrichtungten" für Ihre Kunden vorhielten oder die Tische it Stühlen von jemand Drittem bereitgestellt wurden. Dann können Sie sich auf die neue Rechtsprechung berufen und haben in Zukunft vielleicht mehr Geld in der Vereinskasse.


Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler in St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts, des Vertragsrechts inklusive des Kleingartenrechts, sowie des Verkehrsrechts und des Forderungseinzugs (Inkasso). Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Akademien.

Er ist tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes e. V.. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist Rechtsanwalt Nessler Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt e. V., Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt der Landesverbände Rheinland-Pfalz und Saarland der Kleingärtner u.a.

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