Übungsleiter können Verluste geltend machen!

Oder: Einkünfteerzielungsabsicht ist erforderlich

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Ist eine Person als Übungsleiter tätig, dann hat sie in der Regel nicht nur Einnahmen, sondern dafür auch Ausgaben. Bisher vertraten die Finanzämter die Auffassung, dass die Ausgaben nur dann und insoweit steuerrechtlich als Ausgaben berücksichtigt werden können, als die Ausgaben den steuerfreien Betrag von 2.400,00 € im Jahr übersteigen. Dabei war es unerheblich, ob die Einnahmen selbst bereits 2.400,00 € überschritten oder nicht. Dabei bezog sich die Finanzverwaltung auf die Regelung des § 3 Nr. 26 Satz 2 Einkommenssteuergesetz (EStG).

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem mit Urteil vom 20.12.2017 (Az. III R 23/15) eine klare Absage erteilt und festgestellt, dass ein Übungsleiter, der mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig ist und steuerfreie Einnahmen unterhalb des sog. Übungsleiterfreibetrags nach § 3 Nr. 26 EStG erzielt, die damit zusammenhängenden Aufwendungen insoweit abziehen kann, als sie die Einnahmen übersteigen.

Nach § 3 Nr. 26 Satz 1 EStG sind unter anderem die Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit als Übungsleiter im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder einer wegen der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke steuerbegünstigte Einrichtung bis zur Höhe von insgesamt 2.400,00 € steuerfrei.

Die Abziehbarkeit der Aufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen aus der Übungsleitertätigkeit stehen, richten sich nach Auffassung des BFH nicht nach § 3 Nr. 26 Satz 2 EStG. Diese Vorschrift, der zufolge die mit einer nebenberuflichen Tätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c EStG nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden dürfen, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen, sei nicht anwendbar, wenn die nach § 3 Nr. 26 Satz 1 EStG steuerfreien Einnahmen den Maximalbetrag von 2.400,00 € nicht überstiegen.

Die Anwendung des § 3 Nr. 26 EStG setzt aber (auch) voraus, worauf der BFH ausdrücklich hinweist, dass der Übungsleiter seine nebenberufliche Tätigkeit mit der Absicht ausübt, einen Totalgewinn oder -überschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu erzielen. Denn sollte die Tätigkeit als sogenannte Liebhaberei anzusehen sein, wären die daraus stammenden Einnahmen nicht steuerbar und die damit zusammenhängenden Aufwendungen steuerlich unbeachtlich.

Unabhängig von den Motiven, aus denen der Einzelne einer Beschäftigung nachgeht, ist eine Gewinn-/Überschusserzielungsabsicht dann anzunehmen, wenn in der Regel Überschüsse aus der Beschäftigung tatsächlich erzielt werden. Umgekehrt ist von dem Fehlen einer Gewinn-/Überschusserzielungsabsicht dann auszugehen, wenn die Einnahmen in Geld oder Geldeswert lediglich dazu dienen, in pauschalierender Weise die tatsächlichen Selbstkosten zu decken. Vor diesem rechtlichen Hintergrund hatte der BFH bereits im Urteil vom 23.10.1992 (Az. VI R 59/91) eine steuerlich irrelevante Liebhaberei für den Fall angenommen, dass Sportler im Zusammenhang mit ihrer Betätigung lediglich Zahlungen erhalten, die gerin-ger oder nur ganz unwesentlich höher sind als die ihnen entstandenen Aufwendungen.

Der BFH stellt klar, dass die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht etwa deshalb zu unterbleiben habe, weil die durch § 3 Nr. 26 EStG begünstigten nebenberuflichen Tätigkeiten häufig als Liebhaberei ausgeübt werden. Die Steuerfreiheit der Einnahmen nach § 3 Nr. 26 EStG mache aber oftmals die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht bei "ehrenamtlich" ausgeübten Tätigkeiten entbehrlich. Übersteigen bei der Übungsleitertätigkeit die Ausgaben deutlich die Einnahmen, so der BFH, drängt sich eine Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht auf.


Hinweis:

§ 3 Nr. 26 EStG ist aber auch auf die Einnahmen aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder für eine wegen der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke steuerbegünstigte Einrichtung anwendbar. Auch für diese Fälle gilt die Entscheidung des BFH!


Veröffentlicht in:

Auftakt!, Magazin des Bund Deutscher Zupfmusiker e.V., Ausgabe 3-2018, S. 40
BZVS News, Verbandszeitschrift des Bundes für Zupf- und Volksmusik Saar e. V., Ausgabe 47 - November 2018, S. 24

Stand: 15.04.2018

*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, u.a. an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, der Führungsakademie des Deutschen Olympischen SportBundes e.V. und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland, der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht sowie des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ der Tafel Deutschland e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportbundes Berlin e.V. u.a.

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