„Unterstützung“ der Flüchtlinge aus der Ukraine

Oder: Die "Gemeinnützigkeit" setzt Grenzen


Derzeit suchen zahlreiche Menschen aus der Ukraine Schutz vor dem Krieg, auch in unserem Land. Die Hilfsbereitschaft ist immens und das ist gut so. Bei allem Engagement müssen die Vereine, die wegen der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke steuerbegünstigt sind, auf die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen achten.

Gemäß § 59 AO wird die Steuervergünstigung gewährt, wenn sich aus der Satzung ergibt, welchen Zweck der Verein verfolgt und dass -neben weiteren Anforderungen- der Verein diesen Satzungszweck ausschließlich verfolgt. Die tatsächliche Geschäftsführung muss diesen Satzungsbestimmungen auch entsprechen. Deshalb ist es einem wegen der Förderung ge-meinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke steuerbegünstigten Verein oder Verband grundsätzlich nicht erlaubt, Mittel für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden, die er nach seiner Satzung nicht fördert (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO).

Ruft ein Verein oder Verband, der nach seiner Satzung keine für die Flüchtlingshilfe in Betracht kommenden Zwecke -wie insbesondere die Förderung des öffentlichen Gesundheits-wesens, des Wohlfahrtswesens oder die Förderung mildtätiger Zwecke- verfolgt (z. B. Sportverein, Musikverein, Kleingartenverein oder Brauchtumsverein), zu Spenden zur Hilfe für die Flüchtlinge auf und/oder will er Spenden oder sonstige Mittel des Vereins an Flüchtlinge wei-terleiten oder mit diesen Mitteln Flüchtling unmittelbar unterstützen, entspricht diese Tätigkeit nicht dem Satzungszweck. Die Gewährung der Steuerbegünstigung ist gefährdet, wenn der Verein dies trotzdem tut.

Trotzdem können auch die steuerbegünstigen Vereine helfen, deren Satzungszweck bei der Flüchtlingshilfe nicht einschlägig sind. Sie müssen sich nur "helfen" lassen.

Denn nach § 58 Nr. 1 AO wird die Steuervergünstigung eines Vereins nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Verein einem anderen Verein, Verband oder einer Stiftung Mittel für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke zuwendet. Mittel sind dabei sämtliche Vermögenswerte des Vereins. Seit dem Jahressteuergesetz ist diese Regelung sogar nicht mehr auf das "teilweise" Vermögen beschränkt.

Demnach kann auch ein Verein oder Verband, dessen Satzungszweck bei der Flüchtlingshilfe nicht in Betracht kommt (z. B. Sportverein, Musikverein, Kleingartenverein oder Brauchtumsverein) aus seinen Mitteln Zuwendungen an andere Vereine und Verbände sowie Stiftungen machen, deren Satzungszweck die Flüchtlingshilfe umfasst und gefährdet dabei nicht seine eigene Steuerbegünstigung.

Der zuwendende Verein kann die Mittel mit der Auflage versehen, dass diese nur für die Flüchtlinge aus der Ukraine verwendet werden darf. Die rechtlich als Schenkung zu bewer-tende Zuwendung kann nämlich nach § 525 BGB unter Auflagen erfolgen. Eine solche Aufla-ge steht der Eigenschaft als Spende im Sinne des § 10b Abs. 1 EStG nicht entgegen (BFH, Urt. v. 16.03.2021, Az. X ZR 37/19).


Fazit:

Auch die steuerbegünstigen Vereine und Verbände, deren Satzungszweck eigentlich die Flüchtlingshilfe nicht umfasst, können die Flüchtlinge aus der Ukraine finanziell unterstützen. Das geht allerdings nicht unmittelbar, sondern muss über einen anderen Verein oder Verband mit einem passenden Satzungszweck erfolgen.


Stand: 07.03.2022

*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, u.a. an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, der Führungsakademie des Deutschen Olympischen SportBundes e.V. und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland, der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht sowie des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ der Tafel Deutschland e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportbundes Berlin e.V. u.a.

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