Vorsicht bei Satzungsänderungen

Satzungsregelungen müssen geprüft werden

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Veröffentlicht in:

Sport im Betrieb, Zeitschrift des Westdeutschen Betriebssportverbandes, Ausgabe Juni 2011, Seite 29
BZVSnews, Zeitschrift des Bundes der Zupf- und Volksmusik Saar e. V., Ausgabe Nr. 29, August 2011, S. 17
BWBV Informiert, Zeitschrift des Baden-Württembergischen Betriebssportverbandes, Ausgabe 1.2012, S. 8


Der Gesetzgeber hat mit dem Jahressteuergesetz 2009 zum 01.01.2009 den § 60 Abgabenordnung (AO) geändert. Zum einen hat er der AO eine Mustersatzung als Anlage 1 angefügt. Zum anderen hat er in einem dem § 60 AO neu angefügten Satz 2 ausdrücklich festgelegt, dass die Satzung einer Organisation die in der Anlage 1 bezeichneten Festlegungen enthalten muss. Damit hat die Mustersatzung Gesetzesrang erhalten.

Nach derzeit herrschender Meinung ist § 60 Abs. 1 Satz 2 AO die Verpflichtung zu entnehmen, die Festlegungen in der Mustersatzung mit unverändertem Wortlaut in die eigene Satzung aufzunehmen (Fischer, jurisPR-Steuerrecht 1/2009, Anm. 5 C; Hüttemann/Helios, DB 2009, 701, 705; Korn/Strahl, KÖSDI 2009, 16358, 16386; Koenig in Pahlke/Koenig, 2. Aufl. 2009, § 60 AO Rz. 7; Tipke in Tipke/Kruse, 16. Aufl. 1996, § 60 AO Rz. 2; von Wedelstädt, DB 2009, 84, 85; Woitschell, 9. Hamburger Tage des Stiftungs- und Non-Profit-Rechts 2009, 14; a. A. Ullrich, DStR 2009, 2471 ff.; Winheller/Klein, DStZ 2009, 193; ähnlich wohl Wallenhorst in Wallenhorst/Halaczinsky, 6. Aufl. 2009, C 175). Jedenfalls gilt dies für Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit. Im Übrigen ist es dringend zu empfehlen.

Sofern eine Organisation (Verein, Verband etc.) bereits von der Finanzverwaltung als steuerrechtlich förderungswürdig (wegen der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke) anerkannt ist, muss sie alleine wegen der Änderung des § 60 AO keine Satzungsänderung durchführen.

Sobald allerdings aus irgendeinem Grund eine Satzungsänderung durchgeführt wird, muss die Satzung auch an die Anlage 1 zu § 60 AO angepasst werden (Art. 97 § 1f Abs. 2 Einführungsgesetz zur Abgabenordnung - EGAO).

Wird also z. B. eine Satzung nur deshalb geändert, weil man die Zahl der Mitglieder des Vorstands erhöhen oder reduzieren oder zukünftig nicht mehr schriftlich, sondern in Textform zur Mitgliederversammlung einladen will, muss man auch die Satzungsregelungen zur steuerrechtlichen Förderungswürdigkeit prüfen und gegebenenfalls anpassen.

Wird dies übersehen, ist die Steuerbegünstigung gefährdet, da die formellen Voraussetzungen in der Satzung nicht mehr gegeben sind.

Ich rate deshalb dringend, bei jeder beabsichtigten Satzungsänderung genau zu prüfen, ob die Formulierungen in der Satzung den nunmehr seit dem 01.01.2009 sehr strengen Anforderungen der Mustersatzung entsprechen und die Passagen -soweit erforderlich- anzupassen. Außerdem sollten Sie vor der Beschlussfassung über die Satzungsänderung mit einer fachkundigen Person Ihres Vertrauens oder mit dem zuständigen Finanzamt Rücksprache halten, ob die beabsichtigten Änderungen später auch vom Finanzamt akzeptiert würden.

Dies gilt insbesondere für Kleingärtnerorganisationen, welche entweder selbst Verpächter sind oder aber für einen Verpächter Verwaltungsaufgaben übernehmen. Denn diese müssen in ihrer Satzung neben den Anforderungen des Steuerrechts (Regelungen der Mustersatzung des § 60 Abs. 1 S. 2 AO) auch die Regelungen zur kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit aus § 2 Bundeskleingartengesetz (BKleingG) berücksichtigen. Diese Regelungen sind nicht identisch.


Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler in St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts, des Vertragsrechts inklusive des Kleingartenrechts, sowie des Verkehrsrechts und des Forderungseinzugs (Inkasso). Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Akademien.

Er ist tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes e. V.. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist Rechtsanwalt Nessler Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt e. V., Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt der Landesverbände Rheinland-Pfalz und Saarland der Kleingärtner u.a.

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