Die Bewertungsrichtlinien nach § 11 BKleingG

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Immer wieder werden Kleingartenpachtverträge beendet und der Kleingarten vom Pächter an einen Nachfolger übergeben. Aber genau hier kann es zu juristischen Problemen kommen, bei denen auch der Verpächter Federn lassen muss. Denn die juristische Einordnung der in den meisten Landesverbänden erlassenen Bewertungsrichtlinien in das Gefüge des Deutschen Rechts wird oftmals von den verantwortlichen Personen falsch vorgenommen. Die nachfolgenden Ausführungen sollen eine Hilfestellung sein.

Das Pachtverhältnis regelt sich grundsätzlich nach dem geschlossenen Pachtvertrag im Rahmen der gesetzlichen Regelungen. Dabei sind vor allem das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Bundeskleingartengesetz (BKleingG) von Bedeutung.

Ein Pachtverhältnis endet durch Kündigung, einverständliche Aufhebung oder durch Zeitablauf. Bei einem „normalen“ Pachtverhältnis nach dem BGB hat der Pächter bei Beendigung des Vertrages jedoch kein Recht auf Ersatz der von ihm eingebrachten oder vom Vorpächter übernommenen Einrichtungen. Er hat lediglich ein Wegnahmerecht (§§ 581 Abs. 2, 547a BGB). Das heißt, dass der Pächter nur das Recht hat, die Einrichtungen die er selbst eingebracht hat, bei Beendigung des Pachtverhältnisses wieder (auf seine Kosten) zu entfernen.

Das Bundeskleingartengesetz enthält insoweit jedoch in § 11 Abs. 1 Satz 1 BKleingG für Kleingartenpachtverträge eine Ausnahmeregelung. Danach kann ein scheidender Pächter dann eine Entschädigung für die von ihm eingebrachten oder gegen Entgelt übernommenen Anpflanzungen und Anlagen verlangen, wenn der Pachtvertrag nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BKleingG gekündigt wurde. § 11 Abs. 1 Satz 1 BKleingG betrifft nach seinem ausdrücklichen Wortlaut („Wird ein Kleingartenpachtvertrag nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 gekündigt, ...“) damit nur die Fälle, in denen das Pachtverhältnis gekündigt wurde,

1. wegen der Neuordnung der Kleingartenanlage (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG),

2. wegen Eigenbedarfs des Verpächters oder seiner Familienangehörigen im Sinne des § 8 Abs. 1 II. WoBauG (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 BKleingG),

3. wegen anderer wirtschaftlicher Bewertung des Kleingartengrundstücks, soweit dies planungsrechtlich zulässig ist und der Verpächter durch die Fortsetzung des Pachtverhältnisses erhebliche Nachteile erleiden würde (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 BKleingG).

4. wegen der Zuführung des Kleingartengrundstücks der im Bebauungsplan bereits festgesetzten beziehungsweise bei entsprechender Planungsreife beabsichtigten Nutzung auch schon im Aufstellungsverfahren (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 BKleingG) und

5. wegen der Zuführung der kleingärtnerischen genutzten Flächen der im Planfeststellungsverfahren festgelegten Nutzung oder den in § 1 Abs. 1 des Landbeschaffungsgesetzes genannten Zwecken (§ 9 Abs. 1 Nr. 6 BKleingG).

Existieren in diesen Fällen Regeln für die Bewertung von Anpflanzungen und Anlagen, die von den Ländern aufgestellt oder von einer Kleingärtnerorganisation beschlossen und durch die zuständige Behörde genehmigt worden sind, dann sind diese bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung zugrunde zu legen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 BKleingG). Zur Entschädigung des Pächters ist der Verpächter verpflichtet, wenn der Vertrag nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 BKleingG gekündigt worden ist. Bei einer Kündigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 oder 6 BKleingG ist derjenige zur Entschädigung verpflichtet, der die als Kleingarten genutzte Fläche in Anspruch nimmt.

In allen anderen Fällen der Beendigung des Pachtverhältnisses hat nach gesetzlicher Regelung der Pächter nur ein Wegnahmerecht (siehe oben). Der Pächter hat keinen Anspruch auf Ersatz. Der Verpächter kann nach dem Gesetz bei diesen Arten der Vertragsbeendigung auch nicht eine Bewertung nach den erlassenen beziehungsweise genehmigten Richtlinien vornehmen.

Anders sieht es aus, wenn im Pachtvertrag des weichenden Pächters bereits ausdrücklich festgeschrieben worden ist, dass er bei seinem Ausscheiden die von ihm eingebrachten Einrichtungen und Anlagen nicht entfernen darf, sondern einen Entschädigungsanspruch hat, dessen Höhe unter entsprechender Anwendung der Bewertungsrichtlinien durch die dazu berufenen Schätzkommissionen errechnet wird. Vom Ergebnis her erreicht man das gleiche Ziel, wie wenn man (fälschlich) davon ausgeht, dass die Bewertungsrichtlinien hier unmittelbar gelten würden.

Doch der Unterschied lässt sich ganz leicht dann erkennen, wenn der Pachtvertrag zum Beispiel keine solche Vereinbarung enthält oder aber der Vertrag aus irgendeinem Grund unwirksam ist oder wird. Denn dann kann der Verpächter den Pächter nicht zwingen, die Bewertung durch eine Kommission nach den Bewertungsrichtlinien zu akzeptieren.

Deshalb ist es für die einzelnen Verpächter von Kleingärten äußerst wichtig, dass entsprechende -juristisch exakte- Klauseln in die Pachtverträge aufgenommen werden und darüber hinaus bei Vertragsschluss darauf geachtet wird, dass die Pachtverträge auch wirksam zustande kommen.


*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, insbesondere der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportverbandes Berlin e.V. u.a.

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