Die Weiterzahlungs- bzw. Räumungspflicht

Bundesgerichtshof rückt Fehlbeurteilung richtig

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Mit seinem Urteil vom 21.02.2013 (Az. III ZR 266/12) hat der Bundesgerichtshof (BGH) endlich eine von einigen Gerichten -insbesondere in Niedersachsen- bereits seit längerem vertretene Rechtsauffassung als falsch eingestuft.

Grund des Verfahrens war ein Streit zwischen dem Verpächter und dem Kleingärtner über die Wirksamkeit der im Unterpachtvertrag enthaltenen Regelung, wonach bei Ende des Pachtvertrages der Kleingärtner bei einem fehlenden Nachpächter nach seiner Wahl entweder die Baulichkeiten und Anpflanzungen unter Fortzahlung der vereinbarten Pacht auf der Parzelle belassen darf, bis ein neuer Pächter gefunden ist, oder ob er alle Baulichkeiten und Anpflanzungen beseitigt.

Das Amtsgericht und das Landgericht stuften diese Regelung wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Kleingärtner (§ 307 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) als unwirksam ein. Der Grund war nach Auffassung der beiden Instanzen, dass die vertragliche Klausel unter anderem nicht danach unterscheide, ob der scheidende Pächter selbst die Baulichkeiten und Anpflanzungen eingebracht hat und in wessen Eigentum diese Sachen stehen. Dieser von Gerichten bisher öfter vertretenden Auffassung hat der BGH nun eine klare Absage erteilt.

Der BGH führt dazu aus, dass soweit dem Pächter - nach seiner Wahl, anstelle einer Weiterbewirtschaftung - im Unterpachtvertrag auferlegt wird, auf dem von ihm gepachteten Kleingarten befindliche Baulichkeiten einschließlich der Fundamente, befestigte Wege und Anpflanzungen zu entfernen und den Kleingarten im umgegrabenen Zustand zurückzugeben, steht dies - jedenfalls im Kerngehalt - im Einklang mit dem Leitbild der gesetzlichen Vorschriften. Danach stehen die betreffenden Sachen im Eigentum des Kleingartenpächters und sind von ihm nach Beendigung des Pachtvertrags zu entfernen, sofern keine Übernahme durch den Verpächter oder einen Nachpächter vereinbart wird.

In seinem Urteil weist der BGH zu Recht darauf hin, dass wenn Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen von einem Kleingärtner auf dem von ihm genutzten Grundstück eingebracht und mit diesem fest verbunden werden, eine Vermutung dafür spricht, dass dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Pachtverhältnisses und damit nur zu einem vorübergehenden Zweck im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB geschehen sollte, mit der Folge, dass diese eingebrachten Sachen als bloße "Scheinbestandteile" nicht gemäß §§ 93, 94 BGB in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergehen,
sondern im Eigentum des Kleingärtners verbleiben.

Gemäß § 546 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 581 Abs. 2 BGB, § 4 Abs. 1 Bundeskleingartengesetz (BKleingG) ist der Kleingärtner verpflichtet, den Kleingarten zurückzugeben. Die Pflicht zur Räumung umfasst neben der Übergabe des unmittelbaren Besitzes an dem Grundstück grundsätzlich auch die Entfernung von Baulichkeiten, Anlagen, Einrichtungen und Anpflanzungen, die der Kleingärtner eingebracht oder von seinem Vorpächter übernommen hat. Darauf, ob die Baulichkeiten, Anlagen, Einrichtungen und Anpflanzungen der kleingärtnerischen Nutzung dienen oder nicht, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, so der BGH.

Den Interessen des kündigenden Kleingärtners wird des Kleingärtners wird hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass er mit der vollständigen Beräumung des Grundstücks verbundenen Kosten durch Beibringung eines Nachpächters oder durch Weiterbewirtschaftung des Kleingartens abgewendet werden können.

Will ein Kleingärtner den Kleingartenpachtvertrag durch eigene Kündigung beenden und die Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen auf dem Grundstück belassen, und es findet sich jedoch kein Nachpächter, so kann er nicht darauf vertrauen, dass der Verpächter und somit die Gemeinschaft der in der Anlage verbliebenen Kleingartenpächter - auf eigene Kosten - dafür sorgt, dass der Kleingarten ordnungsgemäß weiterbewirtschaftet wird oder die darauf befindlichen Sachen entfernt werden, um auf diese Weise einen Verfall der Baulichkeiten und Anlagen und eine "Verwilderung" des Kleingartens abzuwenden.

Deshalb sei eine vertragliche Regelung, wonach der scheidende Kleingärtner bei Fehlen eines Nachpächters entweder unter Fortzahlung der Pacht etc. die Baulichkeiten und Anpflanzungen auch nach Pachtende auf der Parzelle belassen darf oder aber die Parzelle vollständig beräumt, grundsätzlich rechtens.


Veröffentlicht in:

Gartenfreund, Verbandszeitschrift für das Kleingartenwesen, Ausgabe 4 - April 2018, S. III


*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, insbesondere der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportverbandes Berlin e.V. u.a.

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