Die Verteidigung der Ehre eines Vereins

Oder: Was ist noch erlaubte Meinungsäußerung

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Immer wieder kommt es vor, dass eine Person oder Medien (Zeitungen, Fernsehen etc.) etwas „Schlechtes“ über einen Verein in der Öffentlichkeit berichten. Dann würde der Vorstand gerne etwas gegen die den Verein schädigenden Äußerungen unternehmen und den Schädiger auf Widerruf und Unterlassung in Anspruch nehmen. Dabei sind aber einige Punkte zu beachten, die das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/Main in seinem Urteil vom 21.01.2016 (Az. 16 U 87/15) herausgearbeitet hat.

Grundsätzlich genießt auch ein Verein, so das OLG Frankfurt/Main, den Schutz seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Danach steht einem Verein insoweit Ehrschutz zu, als er aufgrund seines Wesens als Zweckschöpfung des Rechts und seiner Funktion dieses Rechtsschutzes bedarf.

Wird das Persönlichkeitsrecht eines Vereins durch Äußerungen Dritter verletzt, kann dem Verein deshalb gegen den Schädiger ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht zustehen.

Doch ist nicht jeder Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Vereins rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit muss vielmehr positiv festgestellt werden, und zwar im Rahmen eines im Spannungsfeld zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Meinungsfreiheit anzusiedelnden Abwägungsvorgangs, so das OLG Frankfurt/Main.

Die Rechtswidrigkeit einer Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt von vornherein vor, wenn es sich bei der Äußerung des Dritten um eine Tatsachenbehauptung handelt, deren Unwahrheit feststeht (vgl. BGH, Urt. v. 18.06.1974, Az. VI ZR 16/73).

Tatsachenbehauptungen werden durch die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit charakterisiert und sind der Überprüfung mit Mitteln des Beweises zugäng-lich. Davon zu unterscheiden sind Meinungsäußerungen, die dagegen durch das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind (BVerfG, Beschl. v. 17.09.2012, Az. 1 BvR 2979/10).

Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung eines Dritten ist die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Dabei ist stets vom Wortlaut der Äußerung auszugehen. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest; er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und von den erkennbaren Begleitumständen, unter denen sie fällt, bestimmt (BVerfG, Beschl. v. 11.12.2013, Az. 1 BvR 194/13).

Aber auch eine Meinungsäußerung kann eine rechtwidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen, wenn die Meinungsäußerung die Stufe der Schmähkritik erreicht. Im Lichte des Art. 5 Abs. 1 GG sind an den Begriff der Schmähkritik jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Sie liegt bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vor und ist nach Auffassung des OLG Frankfurt/Main eher auf die Privatfehde beschränkt. Eine Schmähkritik ist dadurch gekennzeichnet, dass es nicht mehr um die Auseinandersetzung in der Sache geht, sondern stattdessen die Diffamierung der angegriffenen Person im Vordergrund steht (BVerfG, Beschl. v. 17.09.2012, Az. 1 BvR 2979/10). Ob dies im Einzelfall erreicht ist, kann auch nur im jeweiligen Einzelfall geprüft werden.

Handelt es sich bei der Äußerung weder um eine unwahre Tatsachenbehauptung noch um eine Schmähkritik, dann muss die Rechtswidrigkeit im Rahmen einer Gesamtabwägung der berührten Rechtspositionen ermittelt werden (BVerfG, Beschl. v. 17.09.2012, Az. 1 BvR 2979/10). Auch hier kann das Ergebnis nur im Einzelfall festgestellt werden.

Fazit:

Auch ein Verein kann in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt werden und gegen den Schädi-ger einen Anspruch auf Widerruf und Unterlassung der Äußerungen haben. Doch muss immer im Einzelfall geprüft werden, ob im konkreten Fall die Persönlichkeitsrechtsverletzung auch rechtswdrig ist, da ansonsten keine Ansprüche gegen den Schädiger gegeben sind.


Veröffentlicht in:

saarsport, Zeitschrift des Landessportverbandes für das Saarland, Ausgabe Mai 2016, S. 54


*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, u.a. an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht sowie des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportbundes Berlin e.V. u.a.

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