Haftung für Schulden eines Ortsvereins

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Es gibt zahlreiche Bundes-, Landes- oder Kreisverbände, die sich nach ihrer Satzung zur Verwaltung ihrer Mitglieder regional untergliedern. Meist sind diese Bundes-, Landes- oder Kreisverbände selbst in das Vereinsregister eingetragen, die Untergliederungen hingegen nicht. Die Bezeichnungen der Untergliederungen sind unterschiedlich. Oft heißen Sie Ortsvereine, Ortsverbände oder Ortsgruppen. Häufig enthält nur die Satzung des Verbandes Regelungen über die Organisation der Untergliederungen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Untergliederung eines eingetragenen Vereins dann aber selbst ein Verein, wenn sie auf Dauer Aufgaben nach außen im eigenen Namen durch eine eigene, handlungsfähige Organisation wahrnimmt. Voraussetzung dafür ist, dass die Untergliederung eine körperschaftliche Verfassung besitzt, einen Gesamtnamen führt, vom Wechsel ihrer Mitglieder unabhängig ist und neben ihrer unselbstständigen Tätigkeit für den Hauptverein Aufgaben auch eigenständig wahrnimmt. Dann kann diese Untergliederung auch selbst Trägerin von Rechten und Pflichten sein (BGH, Urt. v. 02.07.2007, Az. 11 ZR 111/05).

Das Saarländische Oberlandesgericht hat zum Beispiel bezüglich eines üblicherweise nicht in das Vereinsregister eingetragenen Ortsverbands des Sozialverband VdK Saarland entschieden (Beschl. v. 24.02.2016, Az. 5 W 6/16), dass dieser als selbständiger Verein anzusehen sei. Der Ortsverband verfüge über eine Mitgliederversammlung und einen eigenen Vorstand und damit über eine handlungsfähige, vom Wechsel ihrer Mitglieder unabhängige Organisation. Unschädlich sei, dass die Verfassung des Ortsverbands nicht in einer eigenen Satzung, sondern in der des Landesverbandes enthalten sei (unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 19.03.1984, Az. II ZR 168/83). Der Ortsverband nehme auch im Rahmen des allgemeinen Vereinszwecks eigene Aufgaben wahr. Insbesondere verfüge er über eine eigenständige Kassenführung und -verwaltung. Außerdem trete der Ortsverband nach außen auch unter eigenem Namen auf.

Auf den nicht in das Vereinsregister eingetragenen Verein ist jedoch nicht das Gesellschaftsrecht, sondern das Recht des eingetragenen Vereins anzuwenden (LG Heidelberg, Urt. v. 21.03.1975, Az. 5 O 34/75). Demnach wird auch die nicht in das Vereinsregister eingetragene Untergliederung, sofern sie die oben dargestellten Vorrausetzungen erfüllt, von dem Vorstand vertreten (§ 26 BGB), so das grundsätzlich alle von dem Vorstand namens der Untergliederung abgeschlossenen Rechtsgeschäfte für und gegen die Untergliederung gelten.

Doch haftet nach § 54 Satz 2 BGB jede Person, die für einen nicht in das Vereinsregister eingetragenen Verein einen Vertrag schließt (z. B. mit einem Busunternehmen für einen Vereinsausflug), dem Vertragspartner neben dem Verein mit ihrem Privatvermögen für die Erfüllung des Vertrages. Sofern also ein Vorstandsmitglied für den Verein Verträge schließt, haftet er insoweit neben der Untergliederung auch persönlich für die Erfüllung des Vertrages. Ansonsten haftet in der Regel ausschließlich das Vereinsvermögen.


Fazit:

Die Vorstände und auch die sonst für nicht in das Vereinsregister eingetragene Untergliederungen rechtsgeschäftlich handelnden Personen sollten jeweils genau prüfen, ob sie die mit dem Abschluss eines Rechtsgeschäftes namens der Untergliederung verbundenen Haftungsrisiken einzugehen gewillt sind. Da dieses Haftungsrisiko für die Zukunft schon alleine dadurch beseitigt werden kann, dass sich die Untergliederung in das Vereinsregister (nach der Schaffung der notwendigen Voraussetzungen) eintragen lässt, sollte jeder Vorstand einer solchen Untergliederung diese Alternative ernsthaft prüfen.


Veröffentlicht in:

Auftakt, Zeitschrift des Bundesverband Deutscher Zupfmusiker e.V., Ausgabe 3-2016, S. 33
BZVS News, Verbandszeitschrift des Bundes für Zupf- und Volksmusik Saar e. V., Ausgabe 43 - November 2016, S. 20


*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, insbesondere der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportbundes Berlin e.V. u.a.

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