In der Regel keine Prozesskostenhilfe für Vereine

Oder: Mitglieder müssen Kosten tragen

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


In der Praxis der Vereine und Verbände kommt es immer wieder einmal vor, dass sie vor Gericht klagen müssen oder verklagt werden. Damit verbunden sind mehr oder weniger hohe Kosten, insbesondere wenn das Verfahren von einem Rechtsanwalt betreut wird. Bei Verfahren vor dem Landgericht ist die Vertretung des Vereins durch einen Rechtsanwalt sogar verpflichtend. In der letzten Zeit nehmen die Verfahren zu, bei denen der Verein nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt.

Nach § 116 Satz 1 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei eines Gerichtsverfahrens auf ihren Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/Main hatte nun über einen solchen Antrag eines Vereins zu entscheiden, nachdem der Antrag bereits vom Landgericht abgewiesen worden war. Das OLG hat die Ablehnung des Antrags bestätigt (Beschl. v. 05.04.2016, Az. 8 W 19/16) und einige wichtige Punkte für Vereine in dieser Frage klargestellt. In dem entschiedenen Fall waren nach Auffassung des OLG jedenfalls die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter gleich drei Gesichtspunkten nicht erfüllt.

Ein Ablehnungsgrund war, dass der Verein, obwohl er seit längerer Zeit damit rechnen musste seine Ansprüche bei Gericht geltend machen zu müssen, keine entsprechenden Rücklagen gebildet hat. Bei der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei zwar maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit einer Partei grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag, so das OLG. Gebe eine Partei jedoch Vermögenswerte weg, obwohl sie von der Notwendigkeit der Finanzierung eines Rechtsstreits wisse, oder unterlasse sie es, in Ansehung von Rechtsstreitigkeiten zu deren Finanzierung Rücklagen zu bilden, müsse sie sich so behandeln lassen, als sei das Vermögen (noch) vorhanden.

Der zweite Grund für Ablehnung war, dass der Verein zur Finanzierung des Verfahrens nicht die relativ geringen jährlichen Mitgliedsbeiträge erhöht oder einen auf die Finanzierung des vorliegenden Verfahrens bezogenen Spendenaufruf gemacht hat.

Dritter Grund für die Ablehnung durch das OLG war, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen eingetragenen Verein voraussetzt, dass auch die am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht in der Lage sind, die erforderlichen Kosten aufzubringen.

"Wirtschaftlich Beteiligte" im Sinne des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO sind (auch) die Vereinsmitglieder. Zweck dieser gesetzlichen Bestimmung sei es zu verhindern, dass vermögende Personen, die sich unvermögender juristischer Personen im Rechtsverkehr bedienen oder am Ausgang des Verfahrens wirtschaftlich interessiert sind, die Kosten des Prozesses auf die Allgemeinheit verlagern. Diesem Gesetzeszweck entspreche es, die Regelung nicht nur auf vermögensrechtliche Streitigkeiten anzuwenden. Über den engen Wortlaut hinaus sei deshalb auch derjenige als am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligter anzusehen, der ein eigenes Interesse am Streitgegenstand habe und der als sachlich Betroffener durch die juristische Person repräsentiert werde.

Fazit:

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für Vereine und Verbände kommt demnach in der Regel nur dann in Betracht, wenn der Verein bzw. Verband nicht die Möglichkeit hatte Rücklagen zu bilden, Mitgliedsbeiträge zu erhöhen oder Spendenaufrufe zu machen und die Mitglieder finanziell nicht in der Lage sind, die für das Verfahren des Vereins notwendigen Kosten selbst aufzubringen. Alles das muss dem Gericht bei der


*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, u.a. an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht sowie des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportbundes Berlin e.V. u.a.

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