Keine Arbeitspflicht ohne Satzungsgrundlage!

Oder: Keine generelle Pflicht zur Arbeit!

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Jeder kennt die Situation: Wenn im Verein helfende Hände gebraucht werden, sind es immer die gleichen Personen, die sich an den Arbeiten beteiligen. Immer öfter wird deshalb überlegt, ob Mitglieder wegen ihrer Treuepflicht gegenüber dem Verein nicht generell zur Arbeitsleistung für den Verein verpflichtet sind oder aber zur Arbeitsleitung verpflichtet werden können.

Eine Pflicht zur Beitragsleistung besteht für ein Mitglied nach ganz herrschender Ansicht nur dann, wenn sie wenigstens dem Grunde nach in der Satzung bestimmt ist. Denn nach § 58 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat die Satzung zu regeln, ob und welche Beiträge von den Mitgliedern zu leisten sind. Die Höhe der Beiträge selbst braucht nicht bereits in der Satzung festgelegt zu werden. Es reicht aus, wenn die Satzung für die Festlegung der Höhe des Beitrages eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage bietet, zum Beispiel der Mitgliederversammlung die Kompetenz zuweist, die Höhe durch Beschluss festzulegen.

Abgesehen von der Pflicht zur zahlung von Beiträgen in Geld kann die Satzung den Mitgliedern auch die Verpflichtung zu einem bestimmten Tun oder Unterlassungen auferlegen (z. B. Leistung von Arbeitsstunden, AG Grevenbroich, in: NJW 1991, 2646, 2647; bestätigt durch BVerfG, in: NJW 1991, 2626).

Nicht ausreichend für die Festlegung einer Pflicht der Mitglieder zur Erbringung von Arbeitsleistungen für den Verein ist aber die Regelung in der Satzung „Die Erhebung von Beiträgen und Aufnahmegebühren regelt eine gesonderte Beitragsordnung“ (AG Ahlen, Urt, v. 21.12.2017, Az. 30 C 244/17). Denn diese Satzungsregelung enthält keine Festlegung, dass von den Mitgliedern (auch) Arbeitsleistungen für den Verein als Beitrag zu erbringen sind. Sofern in der vorgenannten Beitragsordnung bestimmt wird, dass auch Arbeitsleistungen zu erbringen sind, ist das aber keine Regelung der Satzung, wie dies von § 58 Nr. 2 BGB gefordert wird.

Vereinsordnungen sind nämlich grundsätzlich sogenanntes "satzungsnachrangiges Recht" und können deshalb keine wirksamen Regelungen enthalten, die nach dem Gesetz nur einer Satzungsregelung zugänglich sind (BGH, Urt. v. 24.10.1988, Az. II ZR 311/87). Vereinsordnungen sind nur dann "Bestandteil" der Satzung und haben damit "Satzungsqualität", wenn die Satzung die Vereinsordnung ausdrücklich zu ihrem Bestandteil erklärt. Nicht ausreichend ist, dass nach der Satzung überhaupt Vereinsordnungen erlassen werden können und gegebenenfalls nur in der Vereinsordnung bestimmt ist, dass sie Satzungsqualität haben soll (Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 13. Aufl. 2016, Rn. 464 f.).

Wird in der Satzung lediglich der Begriff "Beitrag" verwendet und nicht näher bestimmt, so trifft die Mitglieder als Beitragspflicht nur eine Geldzahlungspflicht (Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrechts, 11. Aufl. 2016, Rn. 349).

Beitragsforderungen in Form von Arbeitsleistungen sind demnach rechtlich möglich, aber nur bei deren ausdrücklicher Zulassung in der Satzung (AG Ahlen, Urt, v. 21.12.2017, Az. 30 C 244/17).


Fazit:

Mitglieder sind nur dann verpflichtet, Arbeitsleistungen für den Verein zu erbringen, wenn dies ausdrücklich in der Satzung festgelegt ist. Dabei kann auch festgelegt werden, dass für nicht erbrachte Arbeitsleistungen ein Geldersatz zu leisten ist.


Veröffentlicht in:

saarsport, Zeitschrift des Landessportverbandes für das Saarland, Ausgabe April 2018, S. 54
Auftakt, Zeitschrift des Bundesverband Deutscher Zupfmusiker e.V., Ausgabe 4-2018, S. 36


Stand: 03.03.2018


*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, u.a. an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, der Führungsakademie des Deutschen Olympischen SportBundes e.V. und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland, der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht sowie des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ der Tafel Deutschland e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportbundes Berlin e.V. u.a.

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