Mindestlohn und Ehrenamt - keine klaren Atworten!

Oder: Frau Nahles hilft nicht weiter

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


„Amateur-Vertragsspieler im deutschen Sport fallen nicht unter das Mindestlohngesetz. Dies stellte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles … klar.“ heißt es auf der Internetseite des Deutschen Fußballbundes. Leider ist diese Aussage so nicht richtig. Bei dem Spitzengespräch am 23.02.2015 herausgekommen sind vermeintlich „eindeutige Klärungen“. Inhaltlich gab es aber bedauernswerter Weise nichts Neues. Denn das BMAS schreibt selbst in einem Schreiben vom 10.03.2015: „… dass die verbindliche Auslegung und Anwendung des Mindestlohngesetzes den Gerichten obliegt.“.

Schon bisher hing in bei der Arbeitsgerichtsbarkeit die Frage der Arbeitnehmereigenschaft der bei einem Verein beschäftigen Personen davon ab, ob diese Personen eher wegen des Gelderwerbs oder eher wegen der Förderung des Vereinszwecks und damit der Allgemeinheit oder wegen der Mitgliedschaft im Verein für den Verein tätig wurden (BAG, Urt. v. 10.05.1990, Az. 2 AZR 607/89). Nach dem Spitzengespräch in Berlin soll diese Bewertung der Tätigkeit für den Verein nun die Lösung der Probleme sein. Das Problem bleibt, dass für die Einstufung des Beschäftigten eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls entscheidend ist und eben nicht generell beantwortet werden kann (BAG, Beschl. v. 11.06.2003, 5 AZB 43/02; so auch das BMAS in dem vorgenannten Schreiben). Das gilt auch für die Vertragsamateure.

Bezüglich Trainern und Übungsleitern wurde empfohlen, dass diese nur noch gegen Zahlung einer Aufwandsentschädigung für den Verein tätig werden sollen. Für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis gegeben ist oder nicht, kommt es aber nicht darauf an, wie ich das Entgelt benenne. Entscheidend sind die oben dargestellten Kriterien der Rechtsprechung und wie das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich gelebt wird. Auch das gesteht das BMAS im Schreiben vom 10.03.2015 ein: „Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt.“. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat darüber hinaus erst letztes Jahr geurteilt, dass § 3 Nr. 26 EStG („Übungsleiterpauschale“) -gleiches muss für Nr. 26a (Ehrenamtspauschale“) gelten- keinen Einfluss auf die Qualifizierung der Tätigkeit als Arbeitsverhältnis hat (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 30.07.2014, Az. L 5 R 4091/11). Damit hilft auch die Steuerfreiheit bei der Klärung nicht weiter.

Von einer generellen Lösung des Problems „Mindestlohn und Ehrenamt“ kann deshalb keine Rede sein. Es gilt weiterhin abzuwarten, bis es die ersten Urteile der Arbeitsgerichtsbarkeit geben wird, die hoffentlich genauere und allgemeingültige Abgrenzungsmerkmale in dieser Frage aufzeigen. Schon jetzt sollten alle Beschäftigungsverhältnisse im Verein nach den obigen Aspekten kritisch betrachtet und gegebenenfalls fachkompetente Hilfe, zum Beispiel bei den Sportfachverbänden oder dem LSVS, in Anspruch genommen werden.


Veröffentlicht in:

saarsport, Zeitschrift des Landessportverbandes für das Saarland, Ausgabe April 2015, S. 66


*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, insbesondere der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportverbandes Berlin e.V. u.a.

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