Strafen brauchen eine Grundlage in der Satzung

Verein gewinnt gegen Verband!

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, warum ein Verein oder Verband gegenüber einem seinem Mitglieder Strafen verhängen und auch vollstrecke will. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun in einem Fall ein Urteil gefällt (Urt. v. 20.09.2016, Az. II ZR 25/15), bei dem ein Fußballverein aus Niedersachsen eine Strafe der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) nicht erfüllen wollte und deshalb von dem für ihn zuständigen Fußballregionalverband ein Zwangsabstieg angeordnet worden ist.

Der BGH bestätigte dabei einen auch bisher schon geltenden vereinsrechtlichen Grundsatz: Beschlüsse, die Disziplinarmaßnahmen zum Gegenstand haben, bedürfen einer hinreichend bestimmten Grundlage in der Satzung, damit der Regelunterworfene einen eventuell drohenden Rechtsnachteil erkennen und entscheiden kann, ob er diesen hinnehmen beziehungsweise ob er sein Verhalten danach einrichten will.

Neu ist, dass der BGH weiter ausgeführt hat, dass es für die Umsetzung einer von einem übergeordneten Dachverband vorgesehenen Disziplinarmaßnahme gegenüber dem Mitglied eines nachgeordneten Vereins, das selbst nicht Mitglied des Dachverbands ist, deshalb auch einer Grundlage in der Satzung des nachgeordneten Vereins bedarf. Regeln eines übergeordneten Verbands gelten nach dem Urteil des BGH grundsätzlich nur für dessen Mitglieder. Sie erstrecken sich nicht allein aufgrund der Mitgliedschaft eines nachgeordneten Vereins in dem übergeordneten Verband auf die Mitglieder des nachgeordneten Vereins (so auch Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 13. Aufl. 2016, Rn. 503; Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 3. Aufl. 2014, Rn. 211).Eine Regelung in einer Vereinsordnung genügt in der Regel nicht. Denn Vereinsordnungen dürfen als sogenanntes satzungsnachrangiges Recht keine Regelungen enthalten, die nur einer Satzungsregelung zugänglich sind oder Leitprinzipen des Vereinslebens berühren, da diese nur in der Satzung geregelt werden können (BGH, Urt. v. 24.10.1988, Az. II ZR 311/87).

Strafenregelungen in Vereinsordnungen sind nur dann rechtlich ausreichend, wenn die Vereinsordnung wirklichen Satzungsrang hat. Dazu genügt es nicht, dass die Satzung die entsprechende Vereinsordnung überhaupt vorsieht. Vielmehr muss die Satzung ausdrücklich erklären, dass die Vereinsordnung Satzungsbestandteil ist. Darüber hinaus muss die Vereinsordnung, damit sie überhaupt Satzungsrang bekommt, bei einem in das Vereinsregister eingetragenen Verein in das Vereinsregister eingetragen sein. Das ist meist nicht der Fall.

Allerdings hat der BGH, ebenfalls nicht zum ersten Mal, entschieden, dass der Disziplinargewalt eines Verbandes sich auch Nichtmitglieder unterstellen können. Dies gilt jedenfalls, soweit sie seine Einrichtungen in Anspruch nehmen oder an dem in seinem Organisations- und Verantwortungsbereich nach seinen Regeln (Sport- oder Spielordnungen oder ähnliches) ausgeschriebenen Sportbetrieb teilnehmen wollen.

Die dazu nötige Unterwerfung kann nur durch rechtsgeschäftlichen Einzelakt erfolgen. Außerhalb individueller Vertragsschlüsse kann dies rechtsverbindlich durch Teilnahme an einem nach der Sport- oder Wettkampfordnung des betreffenden Verbandes ausgeschriebenen Wettbewerb oder durch Erwerb einer generellen Start- oder Spielerlaubnis des zuständigen Sportverbandes (Sportler- bzw Spielerausweis, Lizenz oder ähnliches) geschehen, bei deren Erlangung der Sporttreibende das einschlägige Regelwerk des Verbandes anerkennt. In beiden Fällen muss der Sporttreibende eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme von dem Inhalt dieses Regelwerks haben.

Fazit:

Für die Verhängung von Strafen gegenüber Mitgliedern eines Vereins bedarf es einer ausdrücklichen Regelung in der Satzung, wann eine Strafe verhängt werden kann und welche dies sein kann. Aber auch gegenüber Nichtmitgliedern können die Disziplinarregelungen gelten, wenn diese von dem Nichtmitglied ausdrücklich anerkannt worden sind.


Stand: 27.10.2016

*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ing-bert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, u.a. an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Rei-he von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in ver-schiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht sowie des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportbundes Berlin e.V. u.a.

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