Aufstockung des Kurzarbeitergeldes

Oder: Finanzverwaltung lockert Anforderungen


Aufgrund der staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der weiteren Ausbreitung der COVID-19-Pandemie haben zahlreiche Vereine und Verbände Kurzarbeit angeordnet. Sind die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, erhalten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 105 SGB III 60 % des während der Kurzarbeit ausgefallenen Nettolohns. Haben die Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer mindestens 1 Kind, bekommen 67 % des ausgefallenen Nettolohns.

Arbeits- und sozialversicherungsrechtlich ist es erlaubt, dass der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld aufstocken kann. Bei einem Verein oder Verband, der wegen der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke steuerbegünstigt ist, kann eine solche Aufstockung gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit verstoßen. Denn solche Organisationen dürfen ihre Mittel nur für satzungsgemäße Zwecke verwenden und keine unverhältnismäßig hohen Vergütungen zahlen (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 u. 3 AO). Wenn dem Beschäftigten des Vereins Aufstockungsbeträge gezahlt werden, ohne dass dazu eine rechtliche Verpflichtung besteht, wäre dies eine unverhältnismäßig hohe Vergütung.

Das Bundesministerium der Finanzen hat wegen der Auswirkung der Rubrik-19-Pandemie die Anforderungen dazu deutlich gelockert. Bereits im Schreiben vom 09.04.2020 (Az. IV C 4 -S 2223/19/10003 :003) hat es festgelegt, dass wenn Organisationen, die steuerbegünstigt sind, ihren eigenen Beschäftigten, die sich in Kurzarbeit befinden, das Kurzarbeitergeld aus eigenen Mitteln bis zu einer Höhe von insgesamt 80 % des bisherigen Entgelts aufstocken, weder die Mittelverwendung für satzungsmäßige Zwecke noch die Marküblichkeit und die Angemessenheit der Aufstockung geprüft werden, wenn die Aufstockung einheitlich für alle Arbeitnehmer erfolgt. Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 AO gelten als erfüllt.

In dem weiteren Schreiben vom 26.05.2020 (Az. IV C 4 - S 0174/19/10002 :008) hat das Bundesministerium der Finanzen klargestellt, dass das „bisherige Entgelt“ dabei das in den drei Monaten vor Einführung der Kurzarbeit durchschnittlich ausgezahlte Nettomonatsgehalt ist.

Im gleichen Schreiben wurde verfügt, dass es bei einer Aufstockung auf über 80 % des bisherigen Entgelts einer entsprechenden Begründung bedarf, insbesondere zur Marktüblichkeit und Angemessenheit der Aufstockung. Sehen kollektivrechtliche Vereinbarungen des Arbeitsrechts, wie zum Beispiel Tarifverträge, eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes vor, reicht für den Nachweis der „Marktüblichkeit und Angemessenheit“ die Vorlage dieser Vereinbarung. Übernehmen kollektivrechtlich nicht gebundene Unternehmen in individuellen Verträgen mit allen Mitarbeitern einheitlich die kollektivrechtlichen Vereinbarungen der Branche zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes, dient ein Mustervertrag dem Nachweis der Marktüblichkeit und Angemessenheit.


Stand: 26.05.2020

*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, u.a. an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, der Führungsakademie des Deutschen Olympischen SportBundes e.V. und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland, der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht sowie des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ der Tafel Deutschland e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportbundes Berlin e.V. u.a.

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