Aufwandsentschädigung kann Vergütung sein!

Oder: Die Wortwahl alleine ist nicht entscheidend!

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Seit dem 01.01.2015 ist in § 27 Abs. 3 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die Mitglieder des Vereinsvorstands ausdrücklich geregelt, dass sie ihre Vorstandsarbeit für den Verein unentgeltlich zu erbringen haben. Oft werden die Zahlungen an Vorstandsmitglieder als „Aufwandsentschädigung“ bezeichnet. Es stellt sich dann die Frage, ob diese Zahlungen gegen den Grundsatz der „Unentgeltlichkeit“ verstoßen oder nicht.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer aktuellen Entscheidung nochmals den Begriff der „Aufwandsentschädigung“ definiert (Beschl. v. 06.04.2017, Az. IX ZB 40/16). Danach ist eine „Aufwandsentschädigung“ im rechtlichen Sinn gegeben, wenn deren Zahlung kein Entgelt für eine Arbeitsleistung sein soll, sondern Ersatz für tatsächlich entstandene Auslagen. Ausdrücklich klargestellt hat der BGH in diesem Urteil, dass es nicht darauf ankommt, ob die Zahlung in der Abrechnung als „Aufwandsentschädigung“ bezeichnet wird, sondern allein darauf, ob nach der vertraglichen Vereinbarung oder der gesetzlichen Regelung der Zweck der Zahlung ist, tatsächlichen Aufwand des Vorstandsmitglieds auszugleichen.

Vorstandsmitglieder haben bereits aufgrund Gesetzes (§§ 27 Abs. 3, 670 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) einen Anspruch auf Ersatz der ihnen durch ihre Vorstandstätigkeit tatsächlich entstandenen Aufwendungen. Aufwendungen in diesem Sinne sind alle Vermögensopfer des Vorstandsmitglieds mit Ausnahme der eigenen Arbeitszeit und Arbeitskraft, die das Vorstandsmitglied zum Zwecke der Ausführung des Auftrags freiwillig, auf Weisung der Mitgliederversammlung oder als notwendige Folge der Amtsführung erbringt. Sie sind erstattungsfähig, soweit sie tatsächlich angefallen, für die Ausführung der übernommenen Tätigkeit erforderlich sind und sich in einem angemessenen Rahmen halten. Alle darüber hinaus bezogenen Leistungen sind Vergütung, das heißt offenes oder verschleiertes Entgelt für die geleistete Tätigkeit als solche (BGH, Urt. v. 14.12.1987, Az. II ZR 53/87).

Verdeckte Vergütung sind nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 14.12.1987, Az. II ZR 53/87) insbesondere auch sämtliche Pauschalen, die nicht tatsächlich entstandenen und belegbaren Aufwand abdecken. Keine Aufwendung im Sinne der §§ 27 Abs. 3, 670 BGB sei vor allem die für die Wahrnehmung der übernommenen Vorstandsaufgabe eingesetzte Arbeitszeit und Arbeitskraft und das dadurch voraussehbar bedingte Vermögensopfer in Form anderweit entgehender Verdienstmöglichkeiten.

Dementsprechend liegt nach der Entscheidung des BGH vom 06.04.2017 (Az. IX ZB 40/16) keine „Aufwandsentschädigung“ vor, wenn mit deren Zahlung die Tätigkeit des Vorstandsmitglieds selbst, also die aufgebrachte Arbeitszeit und/oder Arbeitskraft, vergütet werden soll.

Wenn aber vom Zweck der Zahlung her ein tatsächlicher Aufwand entschädigt werden soll, kann die Zahlung auch pauschal und unabhängig von einem konkreten Aufwand zum Zahlungszeitpunkt erfolgen, so der BGH. Solche pauschalen Mehraufwandsentschädigungen sollen die geldlichen und sonstigen Aufwendungen abdecken, die dem ehrenamtlich tätigen Vereinsvorstand für eigene Zwecke, aber im Interesse der Wahrnehmung der ehrenamtlichen Funktion, abverlangt werden.

Soll die an ein Vorstandsmitglied gezahlte „Aufwandsentschädigung“ den Vorstand dafür entschädigen, dass er in der Zeit, in der er seiner ehrenamtlichen Tätigkeit nachgeht, seine Erwerbs- und Arbeitskraft nicht gewinnbringend einsetzen kann, dann ersetzen diese Zahlungen das Arbeitseinkommen und sind aus rechtlicher Sicht keine „Aufwandsentschädigung“, sondern (nicht erlaubte) Vergütung.


Fazit:

An die Mitglieder von Vereinsvorständen darf für die von ihnen zur Ausübung des Vorstandsamtes aufgebrachte Arbeitszeit und/oder Arbeitskraft nur dann ein Entgelt gezahlt werden, wenn dies in Abänderung der gesetzlichen Regelung in der Satzung des entsprechenden Vereins ausdrücklich erlaubt ist. Auf die Bezeichnung der Zahlungen an das Vorstandsmitglied kommt es nicht an, sondern was damit abgegolten sein soll.


Veröffentlicht in:

Nachrichtenblatt Landesverband der Briefmarkensammler des Saarlandes, Ausgabe Juni 2017, S. 22
Auftakt, Zeitschrift des Bundesverband Deutscher Zupfmusiker e.V., Ausgabe 3-2017, S. 27
Sportreport, Zeitschrift des Bayerischen Betriebssport-Verbandes Süd e.V., Ausgabe 2/2017, S. 20
BZVS News, Verbandszeitschrift des Bundes für Zupf- und Volksmusik Saar e. V., Ausgabe 45 - November 2017, S. 25
Sport im Betrieb, Mitteilungsblatt des Betriebssportverbandes Hamburg e.V., Ausgabe 4/2017, S. 9


Stand: 07.06.2017

*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, u.a. an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Rei-he von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht sowie des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportbundes Berlin e.V. u.a.

RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei
Patrick R. Nessler
Kastanienweg 15
66386 St. Ingbert

Tel.: 06894 / 9969237
Fax: 06894 / 9969238
Mail: Post@RKPN.de
Internet: www.RKPN.de