Die Mitgliederversammlung im Verein/Verband

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Viele Streitigkeiten innerhalb von Vereinen und Verbänden entbrennen nach den beruflichen Erfahrungen des Autors dieses Artikels um die Frage, ob bestimmte in der Mitgliederversammlung gefasste Beschlüsse wirksam oder unwirksam sind. Dieser Frage kommt insbesondere deshalb besondere Bedeutung zu, da nach ständiger Rechtsprechung die fehlerhaften Beschlüsse einer Mitgliederversammlung regelmäßig automatisch unwirksam sind. Die Beschlüsse müssen nicht gesondert von einem Vereinsmitglied beanstandet oder gar in einem förmlichen gerichtlichen Verfahren angefochten werden (Saarländisches OLG, Urteil v. 02.04.2008, Az. 1 U 450/07).

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) legt fest, dass die Angelegenheiten des Vereines, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind, durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet werden (§ 32 Abs. 1 S. 2 BGB). Demnach ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Mitgliederversammlung das höchste Organ eines Vereines und hat grundsätzlich die Allgemeinzuständigkeit für alle Belange des Vereines. Allerdings ist es nach § 40 BGB erlaubt, in der Satzung von der Regelung in § 32 Abs. 1 S. 2 BGB abzuweichen und einzelne oder eine ganze Reihe von ursprünglich der Mitgliederversammlung zustehenden Zuständigkeiten auf andere Organe des Vereines (z. B. Vorstand, Ehrenrat, Aufsichtsrat etc.) zu übertragen. Demnach ist zwar die Aussage, dass die Mitgliederversammlung das höchste Organ eines Vereines ist, grundsätzlich richtig. Doch muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die Satzung des jeweiligen Vereines womöglich für die konkrete Zuständigkeit andere Regelungen trifft.

Allerdings schreibt das BGB zwei Zuständigkeiten ausschließlich der Mitgliederversammlung zu. Diese Kompetenzen der Mitgliederversammlung könnten ihr auch nicht durch entsprechende Satzungsregelungen entzogen werde. Dies ist zum einen die Entscheidung darüber, ob der Verein aufzulösen ist (§ 41 BGB). Zum anderen obliegt der Mitgliederversammlung alleine die Entscheidung über die Frage, wem im Falle der Auflösung des Vereines dessen Vermögen zufallen soll (§ 45 Abs. 2 S. 1 BGB).

Darüber hinaus erfordert der Grundsatz der Vereinsautonomie, dass der Mitgliederversammlung die „Letztzuständigkeit“ für alle grundlegenden Vereinsangelegenheiten nicht entzogen werden darf (Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 18. Aufl. 2006, Rdnr. 156).


A. Die Vorbereitung der Mitgliederversammlung


1. Zeitpunkt zur Einberufung der Mitgliederversammlung

Das BGB sieht in § 58 Nr. 4 BGB vor, dass die Satzung Bestimmungen enthalten soll über die Voraussetzungen, unter denen die Mitgliederversammlung zu berufen ist. Enthält die Satzung entsprechende Vorschriften, ist bei Vorliegen dieser in der Satzung festgelegten Einberufungsgründe der entsprechende Einladungsberechtigte verpflichtet, die Mitglieder zur Versammlung einzuladen. Jedoch legt § 36 BGB darüber hinaus fest, dass die Mitgliederversammlung auch dann einzuberufen ist, wenn das Interesse des Vereins es erfordert. Die Einschätzung, wann das Vereinsinteresse eine Einberufung der Mitgliederversammlung erfordert, liegt alleine bei dem Organ des Vereines, welches für die Einberufung der Versammlung zuständig ist.

Ist in der Satzung ein bestimmter Einberufungszeitpunkt festgelegt (zum Beispiel „jährlich“ oder „in der ersten Jahreshälfte“) so ist dies bindend. Verstöße gegen diesen Einladungszeitpunkt führen jedoch nicht dazu, dass die in der nachfolgenden Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse unwirksam sind.

Allerdings legt das BGB fest, dass die Mitgliederversammlung auch dann einzuberufen ist, wenn der durch die Satzung bestimmte Teil oder in Ermangelung einer Bestimmung in der Satzung der zehnte Teil der Mitglieder die Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe verlangt (§ 37 Abs. 1 BGB). Dieses Minderheitenrecht ist eine Ausformung des Demokratiegedankens im deutschen Vereinsrecht und des damit verbundenen Minderheitenschutzes. Jedoch müssen von der die Einladung begehrenden Minderheit zwingend bestimmte Voraussetzungen beachtet werden. Zum einen muss der Antrag von dem in der Satzung festgelegten Teil (oder bei fehlender Bestimmung in der Satzung von 10%) der Mitglieder gestellt werden. Dabei zählen alle Mitglieder und nicht nur die stimmberechtigten Mitglieder (Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 11. Aufl. 2007, Rdnr. 1178). Darüber hinaus muss von der Minderheit in dem schriftlich zu stellenden Antrag der Zweck angegeben werden, zu welchem die Mitgliederversammlung einzuberufen ist. Außerdem sind die Gründe anzugeben, warum die Mitgliederversammlung verlangt wird. Ist auch nur einer dieser Punkte nicht erfüllt, kann die Minderheit nicht die Durchführung der Mitgliederversammlung verlangen.


2. Die Zuständigkeit für die Einladung zur Mitgliederversammlung

Schon gleich bei der Vorbereitung der Mitgliederversammlung stellt sich die Frage, wer überhaupt zu einer Mitgliederversammlung einladen darf. Denn in dem Fall, dass eine nicht zuständige Person bzw. ein nicht zuständiges Organ die Mitgliederversammlung einberuft, sind schon alleine auf Grund dessen alle in der Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse unwirksam (BGH, in: BGHZ 11, 231, 236; 18, 334, 339).

Grundsätzlich ist für die Einberufung einer Mitgliederversammlung die Person bzw. das Organ des Vereines/Verbandes zuständig, welches von der Satzung dazu ausdrücklich ermächtigt ist (Sauter/Schweyer/Waldner, aaO., Rdnr. 157).

Sieht die Satzung jedoch keine Regelung vor, wer für die Einladung zur Mitgliederversammlung verantwortlich ist, so hat dies der vertretungsberechtigte Vorstand im Sinne des § 26 BGB in der vertretungsberechtigten Zahl zu tun. Für die Einladung zur Mitgliederversammlung ist auch nur dann ein entsprechender Beschluss des Vorstandes oder eines anderen Organs des Vereins notwendig, wenn dies die Satzung ausdrücklich fordert (BGH, in: RPfleger 1977, 406).

Entgegen weit verbreiteter Meinung müssen die Einladungen nicht von der zuständigen Person bzw. Organ selbst ausgeführt werden. Natürlich darf man sich bei der Einladung eines Beauftragten bedienen (BayObLG, in: JFG 6, 230, 232). Jedoch muss aus der Einladung erkennbar sein, wer der Einladende ist. Die beauftragte Person hat zum Beispiel in den Text mit aufzunehmen, dass sie namens und im Auftrage des vertretungsberechtigten Vorstandes in den Personen X und Y zur Mitgliederversammlung einlade.


3. Die richtige Form der Einladung

Immer wieder ein Problem in der Praxis ist auch die richtige Form der Einladung zur Mitgliederversammlung. Nach § 58 Nr. 4 BGB hat die Satzung Bestimmungen darüber zu enthalten, in welcher Form zur Mitgliederversammlung einzuladen ist. Dabei ist auf Grund des Schutzes der Mitglieder darauf zu achten, dass auch wirklich nur in der von der Satzung vorgesehen Form eingeladen wird. Denn nur darauf haben die Mitglieder des Vereines zu achten. Wird aus Versehen oder gar absichtlich in einer anderen Form eingeladen, so führt dies zur Unwirksamkeit aller in der Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse.

In der Praxis übersehen immer wieder viele Vereinsvorstände, dass bei in das Vereinsregister eingetragenen Vereinen/Verbänden Satzungsänderungen erst mit Eintragung in das Vereinsregister wirksam werden (§ 71 Abs. 1 BGB). Oft geschieht es, dass der Vorstand sich nicht ausreichend darum bemüht, die von der Mitgliederversammlung beschlossene Satzungsänderung (hier von Bedeutung bei Änderungen der Einladungsform) schnellstmöglich in das Vereinsregister eintragen zu lassen. Wenn nun erneut eine Mitgliederversammlung einzuberufen ist, bevor die Eintragung ins Vereinsregister erfolgt ist, ist darauf zu achten, dass die Einladung zur Mitgliederversammlung nach der Maßgabe der noch aktuellen im Vereinsregister eingetragenen Satzung zu erfolgen hat. Wenn man hier bereits nach den Regelungen der geänderten Satzung einladen würde, würde dies zu einer fehlerhaften Einladung und damit zur Unwirksamkeit aller in der Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse führen.

Aber auch die Satzungsregelungen zur Form der Einladung selbst unterliegt bestimmten Grenzen. Bei der in der Satzung zu wählenden Form der Einladung ist darauf zu achten, dass mit der festgelegten Form grundsätzlich die Möglichkeit besteht, dass alle Mitglieder von der Einladung Kenntnis erlangen können (Reichert, aaO., Rdnr. 1254). So kann zum Beispiel ein bundesweit tätiger Verein/Verband nicht als Einladungsmedium eine nur lediglich in einem kleinen Ort erscheinende Tageszeitung angeben. Es wäre nämlich offensichtlich, dass hier nur ein kleiner Teil der Mitglieder überhaupt die Möglichkeit hätte, von der Veröffentlichung und damit von dem Termin und der Tagesordnung der nächsten Mitgliederversammlung in der Tageszeitung zu erfahren.

Auch bei der Frage der Schriftform, welche oft in Satzungen vorzufinden ist, herrscht im Regelfall bei den Vorständen große Unwissenheit. Die in den Satzungen vorzufindende Schriftform ist die sogenannte „gewillkürte Schriftform“ im Sinne des §§ 127 Abs. 1, 126 BGB. Schriftform bedeutet hier, dass eine Urkunde vorhanden sein muss, welche mit der Unterschrift des Ausstellers endet. Bei der gewillkürten Schriftform ist jedoch der wesentliche Unterschied zur gesetzlichen Schriftform, dass die Form auch dann gewahrt ist, wenn die Urkunde vom Aussteller nicht im Original dem Empfänger zugeht, sondern telekommunikativ übermittelt wird (§ 127 Abs. 2 BGB). Dies kann zum Beispiel per Telefax oder aber auch in Form eines eingescannten Dokumentes per E-Mail erfolgen. Da ein normales E-Mail nicht unterschrieben werden kann, kann ein E-Mail die Schriftform nicht erfüllen (AG Wedding, Urt. v. 26.02.2009, Az. 21a C 221/08; LG Köln, Urt. v. 07.01.2010, Az. 8 O 120/09; anderer Ansicht BAG, Urt. v. 16.12.2009, Az. 5 AZR 888/08).


4. Die Einladungsfrist

Bei der Einladung ist genau darauf zu achten, dass die in der Satzung festgelegte Einladungsfrist eingehalten wird. Dabei muss die Einladung -sofern die Satzung nichts anderes bestimmt- vor Ablauf der Frist beim Mitglied eingegangen sein. Nicht genügend ist demnach, wenn am letzten Tag der Frist die Einladung abgesandt wird. Denn in diesem Falle ist es schon rechnerisch ausgeschlossen, dass das Mitglied die Einladung rechtzeitig erhalten kann.

Sagt die Satzung zur Einladungsfrist allerdings nichts aus, so muss bei der Einladung darauf geachtet werden, dass man den Mitgliedern eine entsprechend lange Frist einräumt. Denn jedes Mitglied muss genügend Zeit haben, sich zum einen zu entscheiden, ob es an der Mitgliederversammlung teilnehmen wird und dass es genügend Zeit hat, sich auf die Inhalte der Mitgliederversammlung vorzubereiten. Dabei ist natürlich auf die besonderen Gegebenheiten des jeweiligen Vereines abzustellen. Ein örtlicher und kleiner Verein kann zum Beispiel kürzere Einladungsfristen haben, als ein bundesweit tätiger Verband, dessen Mitglieder über ganz Deutschland verteilt sind.


5. Die teilnahmeberechtigten Personen

Auch wird immer wieder der Fehler gemacht, dass nur stimmberechtigte Mitglieder oder nur Pächter zur Mitgliederversammlung einladen werden. Das ist grundsätzlich falsch! Zu einer Mitgliederversammlung eines Vereines ist jedes Vereinsmitglied -egal ob stimmberechtigt oder nicht- einzuladen (Sauter/Schweyer/Waldner, aaO., Rdnr. 175).

Hier gilt der demokratische Grundgedanke, dass in der Mitgliederversammlung, also dem höchsten Organ eines Vereines, jedes Mitglied die Gelegenheit haben muss, die notwendigen Informationen über seinen Verein zu erhalten. Deshalb sind die dort gefassten Beschlüsse regelmäßig unwirksam, wenn nicht alle Mitglieder eingeladen worden sind (BGH, in: NJW 1973, 235).


6. Die richtige Tagesordnung

Immer wieder werden in der Einladung bei der Mitteilung der Beschlussgegenstände mit der Tagesordnung Fehler gemacht. Nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB sind die in einer Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse regelmäßig nur wirksam, wenn der Gegenstand der beabsichtigten Beschlussfassung bei der Einladung bezeichnet wird.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner aufsehenerregenden Entscheidung vom 02.07.2007 (Az. II ZR 111/05) ausgeführt, dass dabei ein strenger Maßstab anzulegen ist. Bei der jener Entscheidung zugrundeliegenden Mitgliederversammlung hatte der Vorstand seine Mitglieder zur Mitgliederversammlung einberufen. Einer der Tagesordnungspunkte lautete „Verkauf der Immobilie XY-Straße“. Im Nachhinein hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass dieser Tagesordnungspunkt nicht ausreichend bestimmt war. Dem Vorstand sei bereits zum Zeitpunkt der Einladung bekannt gewesen, an wen das Grundstück verkauft werden solle und auch zu welchem Preis. Dies seien für die Mitglieder erhebliche Informationen. Denn diese Informationen seien sicherlich für jedes Mitglied von Bedeutung gewesen, ob es an der Mitgliederversammlung überhaupt teilnimmt und ob es zu diesem Punkt gegebenenfalls eine andere Meinung hat. Da aber der Vorstand jenes Vereines lediglich als Tagesordnungspunkt „Verkauf der Immobilie XY-Straße“ angegeben hatte, war die Einladung nicht ordnungsgemäß und der von der Mitgliederversammlung gefasste Beschluss zum Verkauf des Anwesens unwirksam. Außerdem habe der Vorstand des Vereines eigentlich von der Mitgliederversammlung die Zustimmung zu einem konkreten Kaufvertrag haben wollen, der vom Vorstand bereits ausgehandelt worden war. Das sei aus dem Tagesordnungspunkt ebenfalls nicht zu erkennen gewesen.

Demnach ist ein besonderes Augenmerk auf die Erstellung der Tagesordnung zu richten. Hier sollte der Grundsatz gelten, dass eine Tagesordnung lieber zu ausführlich ist, als zu knapp.


B. Die Durchführung der Mitgliederversammlung


1. Die Versammlungsleitung

Gleich zu Beginn der Mitgliederversammlung stellt sich schon die Frage, wer die Versammlung zu leiten hat. Das Leitungsrecht steht grundsätzlich der Person zu, der in der Satzung dieses Recht zugestanden worden ist.

Fehlt eine solche Satzungsbestimmung, so leitet der vertretungsberechtigte Vorstand im Sinne des § 26 Abs. 2 BGB die Versammlung. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so übernimmt der Vorstandsvorsitzende die Leitung. Im Falle seiner Verhinderung ein anderes vertretungsberechtigtes Mitglied des Vorstandes.

Ist kein Mitglied des vertretungsberechtigten Vorstandes anwesend, so wählt die Versammlung einen eigenen Leiter.


2. Aufgaben und Befugnisse des Versammlungsleiters

Hauptaufgabe des Versammlungsleiters ist die Erledigung der in der Mitgliederversammlung anstehenden Geschäfte. Aus dieser Aufgabe des Versammlungsleiters ergeben sich dessen Befugnisse und deren Grenzen. Er hat alle Rechte die er braucht, um einen ordnungsgemäßen Ablauf der Mitgliederversammlung herbeizuführen (BGH, Urt. v. 11.11.1965, Az. II ZR 122/63).

Der Versammlungsleiter darf zum Beispiel, sofern die Tagesordnung und die dafür zur Verfügung stehende Zeit dies vorgeben, auch Redezeiten zu den einzelnen Tagesordnungspunkten festlegen (LG Frankfurt, in: BPM 1984, 502, 505).

Auch darf der Versammlungsleiter als Ordnungsmittel einem Redner das Wort entziehen, wenn dieser trotz mehrfacher Mahnung seine Redezeit überschreitet und nicht anzeigt seine Rede zu beenden. Gleiches gilt, wenn ein Redner trotz mehrfacher Anmahnung nicht damit aufhört, Personen zu beleidigen.

Letztlich vertritt der Versammlungsleiter sogar das Hausrecht und kann Personen, welche die Versammlung stören, des Raumes verweisen (BGH, Urt. v. 11.11.1965, Az. II ZR 122/63). Dieses Recht gilt auch gegenüber Vereinsmitgliedern. Da Vereinsmitglieder jedoch grundsätzlich ein Anwesenheitsrecht haben, ist hier das Verweisungsrecht als letztes Mittel für eine Aufrechterhaltung der Mitgliederversammlung zu sehen und sollte deshalb nur mit Maß gebraucht werden.


3. Anträge zur Tagesordnung

Sehr oft geschieht es, dass die Mitglieder Anträge zur Tagesordnung stellen. Hier sind 3 verschiedene Arten von Anträgen zur Tageordnung zu unterscheiden:

Anträge, welche in der Mitgliederversammlung bei der Beratung der einzelnen Tagesordnungspunkte zu diesen gestellt werden;Anträge, welche in der Mitgliederversammlung gestellt werden und darauf abzielen die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte zu ändern;Anträge der Mitglieder, welche nach dem Versenden der Einladung zur Mitgliederversammlung von diesen eingehen und die Aufnahme weiterer Beschlussgegenstände in die Tagesordnung veranlassen sollen.
Die Anträge, welche in der Mitgliederversammlung bei der Beratung der einzelnen Tagesordnungspunkte zu diesen Tagesordnungspunkten gestellt werden, sind natürlich zulässig. Denn sie dienen der ordnungsgemäßen Abhandlung der Tagesordnungspunkte und sie sind auch dadurch, dass dieser Tagesordnungspunkt bereits in der Einladung angegeben war, allen Mitgliedern angekündigt. Jedoch ist die Grenze für solche Anträge dort, wo deren Inhalt über den ursprünglichen Inhalt des mit der Einladung angekündigten Tagesordnungspunktes hinausgehen. Hier hätte der Versammlungsleiter anzumerken, dass dieser Antrag nun nicht mehr zulässig ist.

Anträge, welche in der Mitgliederversammlung gestellt werden und darauf abzielen, die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte zu ändern, sind reine Geschäftsordnungsanträge und ebenfalls zulässig. Denn sie betreffen lediglich die Reihenfolge der zu fassenden Beschlüsse, nicht deren Inhalt. § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangt für die Wirksamkeit der Beschlüsse lediglich, dass deren Gegenstand mitgeteilt wird, nicht deren Reihenfolge.

Anträge der Mitglieder, welche nach dem Versenden der Einladung zur Mitgliederversammlung von dieser eingehen und die Aufnahme weiterer Beschlussgegenstände in die Tagesordnung veranlassen sollen, sind nur möglich, wenn die Satzung dies ausdrücklich zulässt. Sofern die Satzung keine entsprechende Regelung enthält, können Mitglieder nach dem Versenden der Einladung solche Anträge nicht mehr stellen.

Allerdings hat der BGH bereits 1986 hierzu eine grundlegende Entscheidung getroffen, die in der Praxis jedoch wenig Beachtung findet. Dort hat der BGH ausgeführt, dass die Vereinssatzung es zwar für zulässig erklären kann, dass Gegenstände zur Beschlussfassung noch nach Einberufung der Mitgliederversammlung auf die Tagesordnung gesetzt werden können. Diese Anträge müssen jedoch den Mitgliedern – jedenfalls wenn es sich um Satzungsänderungen handelt – so rechtzeitig vor dem Zusammentritt der Mitglieder mitgeteilt werden, dass genügend Zeit zu einer sachgerechten Vorbereitung bleibt. Das gelte grundsätzlich auch für eilbedürftige Angelegenheiten (BGH, Urt. V. 17.11.1986, AZ: II ZR 304/85). Aus der Formulierung des BGH „jedenfalls, wenn ...“ kann man schließen, dass der BGH grundsätzlich davon ausgeht, dass diese Mitteilungspflicht für alle Dringlichkeitsanträge gilt. In dem dort zu entscheidenden Fall des BGH ging es jedoch nur um eine Satzungsänderung, so dass das Gericht sich mit den anderen Fragen nicht zu entscheiden hatte.


4. Die Beschlussfassung der Mitgliederversammlung

Bei der Beschlussfassung der Mitgliederversammlung handelt es sich nicht um einen Vertragsschluss oder ein sonstiges Rechtsgeschäft der Mitglieder untereinander, sondern um einen Akt der körperlichen Willensbildung durch Mehrheitsentscheid (Sauter/Schweyer/Waldner, aaO., Rdnr. 203). Da die Entscheidung der Mehrheit rechtsverbindlich auch für die Minderheit ist, die gegen den Beschluss gestimmt hat, müssen die Abstimmungen genau nach den rechtlichen Rahmenbedingungen gefasst werden, da sie ansonsten unwirksam sind.

Nach § 32 Abs. 1 Satz 3 BGB (in der seit dem 30.09.2009 geltenden Form) entscheidet bei der Beschlussfassung der Mitgliederversammlung „die Mehrheit der abgegebenen Stimmen“. Der BGH hatte schon zu dem alten und anders lautenden Inhalt des § 32 Abs. 1 Satz 3 BGB entschieden, dass bei der Beschlussfassung im Verein die Mehrheit nur nach der Zahl der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen zu berechnen sei. Stimmenthaltungen werden nicht mitgezählt (BGH, in: RPfleger 1982, 291). Anderes gilt nur, wenn die Satzungen dies abweichend regelt (§ 40 BGB). Gleiches gilt für Wahlen, da diese ebenfalls durch Beschlussfassung der Mitgliederversammlung erfolgen (§ 27 Abs. 1 BGB).

Die „einfache“ Mehrheit erreicht ein Beschlussantrag bzw. Wahlvorschlag, wenn er mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen auf sich vereinigt. Erforderlich ist, dass die Zahl der gültigen Ja-Stimmen die der gültigen Nein-Stimmen um wenigstens eine übertrifft; Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen werden bei der Festlegung des Abstimmungsergebnisses nicht mitgezählt. Die einfache (im Gegensatz zur qualifizierten) Mehrheit entspricht somit der absoluten Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen (OLG München, Beschl. v. 29.01.2008, Az. 31 Wx 78/07, 31 Ws 81/07, mwN.).

Soll die nach § 32 Abs. 1 Satz 3 BGB geltende Mehrheitswahl durch die Satzung modifiziert oder geändert werden (z. B. Blockwahl zulassen), so bedarf dies nach der zwingenden Vorschrift des § 40 BGB einer entsprechenden und klar formulierten Bestimmung in der Satzung (OLG München, Beschl. v. 29.01.2008, Az. 31 Wx 78/07, 31 Ws 81/07).


5. Die Entlastung des Vorstandes

Die vereinsrechtlichen Regelungen des BGB enthalten keinerlei Regelungen zur Entlastung des Vorstandes, trotzdem ist sie jedem Vereinsfunktionär bekannt und wird auch in (fast) jeder Mitgliederversammlung zelebriert. Aber auch hier werden eine ganze Reihe von Fehler gemacht, die den Sinn der Entlastung eigentlich konterkarieren.

Die Entlastung des Vorstandes (oder anderer Organe) bedeutet rechtlich die Erklärung der Mitgliederversammlung, sie billige die Geschäftsführung des Vorstandes als im großen und ganzen gesetzes- und satzungsgemäß, und der Verein verzichte auf Bereicherungs- und Schadensersatzansprüche sowie auf Kündigungsgründe, die der Mitgliederversammlung bekannt sind oder bei sorgfältiger Prüfung bekannt sein konnten (BGH, Urt. v. 14.12.1987, Az. II ZR 53/87).

Die Grundlage des Entlastungsbeschlusses bildet der Bericht des Vorstandes über seine Arbeit und die des Vereines. Es liegt beim Vorstand - Entsprechendes gilt für andere um Entlastung nachsuchende Vereinsorgane -, durch hinreichende Offenheit gegenüber der Mitgliederversammlung die Tragweite der erbetenen Entlastung selbst zu bestimmen (BGH, Urt. v. 14.12.1987, Az. II ZR 53/87).

Das bedeutet, dass der Vorstand eine besondere Sorgfalt bei der Erstellung seiner Berichte an den Tag legen sollte, um nicht den Sinn und die Wirkung der Entlastung selbst durch einen lückenhaften Bericht zu verhindern.


6. Die Niederschrift zur Mitgliederversammlung

In der Praxis ebenfalls wichtig ist die Frage, wie die Niederschrift über die Mitgliederversammlung zu erfolgen hat. Auch hier bestimmt § 58 Nr. 4 BGB, dass die Satzung Bestimmungen enthalten soll über die Beurkundung der Beschlüsse.

Demnach sieht das Gesetz zumindest vor, dass die Beschlüsse der Mitgliederversammlung zu beurkunden sind. Wie das dann zu erfolgen hat, legt die jeweilige Satzung fest.
In der Praxis ist es jedoch dringend zu empfehlen, dass in der Niederschrift zur Mitgliederversammlung nicht nur die Beschlüsse dokumentiert werden, sondern alle wesentlichen Abläufe und Ergebnisse der Versammlung. Dies gilt zum Beispiel sowohl für die Frage, wann die Mitgliederversammlung eröffnet und wann geschlossen worden ist, als auch dafür welche Anträge gestellt und womöglich vom Versammlungsleiter abgelehnt worden sind.

Insbesondere sind auch solche Vorfälle in die Niederschrift aufzunehmen, die womöglich zu einem Ordnungsmittel des Vereins oder des Versammlungsleiters geführt haben oder führen können.

Letztlich muss man auch bedenken, dass die Protokolle der Mitgliederversammlung sowohl dem Amtsgericht als Registergericht für entsprechende Eintragungen in das Vereinsregister vorzulegen sind, als auch bei steuerrechtlich als förderungswürdig anerkannten Vereinen im Rahmen der Steuerpflicht dem zuständigen Finanzamt.

Auch hier gilt deshalb der Grundsatz, dass eine Niederschrift zur Mitgliederversammlung lieber zu ausführlich sein sollte, als zu knapp. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass in der Niederschrift aber auch nicht offensichtlich unerhebliche Dinge dokumentiert werden, nur um des Dokumentierens Willen.


Veröffentlicht in:

Grüne Schriftenreihe des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde, Jahrgang 2009, Heft 201, Seite 19 f.


*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, insbesondere der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportverbandes Berlin e.V. u.a.

RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei
Patrick R. Nessler
Kastanienweg 15
66386 St. Ingbert

Tel.: 06894 / 9969237
Fax: 06894 / 9969238Mail: Post@RKPN.de
Internet: www.RKPN.de